Es vergeht im Moment kaum ein Tag, an dem nicht neue Artikel, Meinungen und Ideen bezüglich des Problems der Luftqualität und des Verkehrsaufkommens in Städten erscheinen. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in der letzten Woche überschlagen sich die Pläne und Reaktionen geradezu und es bleibt eine tiefe Unsicherheit, was nun nötig ist und was auf die Autofahrer zukommt.
Dabei ist das Urteil selber für Dieselfahrer in Teilen ein herber Tiefschlag denn Wertverluste, die durch Fahrverbote zwangsläufig entstehen sind hinzunehmen. So lautet die Aussage des Gerichts und sie trifft viele Bürger hart. Wer kann es sich leisten, alle paar Jahre ein neues Auto zu kaufen? Man ist meist darauf angewiesen, die Fahrt zur Arbeit hängt zum Beispiel davon ab. Und es ist völlig unrealistisch, dass alle Pendler einfach auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen oder bei jedem Wechsel des Arbeitsortes umziehen können. Auch dies konnte man in den Reaktionen der letzten Tage oft zu lesen.
Die Infrastruktur ist außerhalb der Städte oft zu schlecht, um auf das Auto verzichten zu können. Busse fahren zu selten oder auch zu völlig unpassenden Uhrzeiten. Der Weg mit dem ÖPNV nimmt dadurch eine sehr lange Zeitspanne in Anspruch, die den Weg zur Arbeit teils erheblich verlängert. Gleichfalls können wir nicht alle in Städten wohnen, das ist völlig unrealistisch genauso, wie bei jedem Arbeitgeberwechsel seinen Wohnort anzupassen und seine ganze Familie aus der Umgebung zu reißen. Der Grund für den Umzug ins Umfeld einer Stadt oder auch aufs Land ist nicht, dass die Grundstücke dort günstiger sind, sondern vielfach, dass es in den Städten nicht genug Wohnmöglichkeiten und Grundstücke gibt und es dort vielfach so teuer ist, dass man sich es als Familie gar nicht mehr leisten kann.
Ein Beispiel für den dringenden Ausbau der Infrastruktur kommt aus meinem Umfeld. Einen Supermarkt gibt es im nächsten Ort. Dorthin fährt allerdings nur der Schulbus morgens früh einmal und dann mittags zurück. In den Schulferien allerdings gar nicht. Das Fahrrad ist im Winter oder bei entsprechend schlechtem Wetter keine Option. Wie soll dies funktionieren?
Als Landbewohner stellt sich dann natürlich auch die Frage, warum man den ÖPNV in den Städten kostenlos machen soll, wenn er in der Peripherie viel zu schlecht ausgebaut ist. Wir sollten uns hier vor allem auch nicht gegeneinander ausspiele lassen. Die Diskussionen werden im Moment gerne davon bestimmt, Stadt- gegen Landbewohner, Benziner gegen Dieselfahrer. Aber ist es wirklich so einfach und etwas damit gewonnen? Kenne ich wirklich die Gründe, warum sich jemand wofür entschieden hat?
Dieselfahrzeuge wurden bis vor einigen Jahren als umweltschonend beworben. Die Klimaziele als wichtiger Punkt können durch den alleinigen Einsatz von Benzinern nicht erreicht werden und alternative Antriebe waren – und sind- noch nicht wirklich eine Möglichkeit. Darüber hinaus haben auch Benziner ein Schadstoffproblem was auch schon seit einigen Jahren bekannt ist. Moderne Benziner mit Direkteinspritzung stoßen eine große Menge Feinstaub es. Gerade Partikel im Nano-Bereich sind hier gefährlich, denn diese können tief in den Körper eindringen und sich dort anhäufen. Im Gepäck haben diese bei den Benzinern krebserregende Stoffe wie zum Beispiel Benzo-(a)-pyren. Dabei überschreiten moderne Dieselmotoren mit Filter die EU-Grenzwerte um das 45-fache, GDI-Motoren ohne Filter um das 270- bis 1.700-fache. So einfach ist es also nicht. Und es hilft auch nicht, Dieselfahrer aufzufordern, sich direkt hinter ihren Auspuff zu stellen. Das würde ich Benzinfahrern hiernach auch nicht empfehlen.
Solange aber immer noch so viele ihre Scheiben im Winter bei laufendem Motor freikratzen oder aber auch ihr Auto starten und dann erstmal Frühstücken gehen kann das Bewusstsein hierfür noch nicht groß genug sein. Und bei keinem eiskalten Auto funktioniert sofort die Abgasreinigung.
Wir kommen nicht umhin, den Verkehr im Ganzen zu reduzieren und neue Konzepte zu entwickeln, ohne unsere Mobilität völlig einzuschränken. Denn darauf wollen die Menschen hierzulande nicht verzichten, zu einem großen Teil können sie es aber auch gar nicht. Neben der Politik, die endlich fundierte und überlegte Lösungen präsentieren muss und dabei auch die Autoindustrie nicht schonen darf ist auch jeder einzelne gefragt, seine Mobilitätsverhalten zu überdenken. Wenn jeder auch nur einen Teil Verkehr einspart, ist im Ganzen schon viel bewirkt. Und hier kann man auch die Städter in die Pflicht nehmen, denn muss man wirklich die paar hundert Meter zum Bäcker oder Supermarkt mit dem Auto zurücklegen?
Wir sollten darüber hinaus alle einen kühlen Kopf bewahren und uns in andere hineinversetzen um gemeinsam Lösungen zu fordern, die allen Bedürfnissen gerecht werden, wobei jeder Kompromisse eingehen muss. Und ja, hierzu gehört auch, Grenzwerte, Gefahren und die Wirkung von Maßnahmen realistisch, dauerhaft, wiederkehrend und wissenschaftlich fundiert einzuschätzen, sonst bleibt nur blinder Aktionismus, der unsere grundlegenden Probleme nicht löst.
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